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Annales gratuites Bac ES : Ausdruck

Le sujet  2004 - Bac ES - Allemand LV1 - Expression Imprimer le sujet
LE SUJET

RUDOLF

Der Erzähler ist Deutscher und lebt seit Jahren mit seiner Frau in Paris.

Über Jahre hinweg hatte ich Rudolf nur aus dem Briefwechsel gekannt, den meine Mutter mit ihm führte. Meine Mutter berichtete, daß Rudolf Jazzmusiker sei. Der Gedanke an sächsische(1) Jazzer reizte eher zum Lachen. Immerhin, ein Musiker, noch dazu im anderen Deutschland, hob sich aus dem Familieneinerlei ab, und ich war gewissermaßen stolz auf ihn.
Es war im Juni 1988, als eines Abends das Telefon kungelte und ich zum ersten Mal Rudolfs Stimme hörte mit ihrem weichen Akzent: Guden Abend, hier ist Rudolf. Ich bin hier in Paris ! Ich rufe vom Hotel aus an ! Ich stehe mitten im Quartier Ladin. Er hatte eine Reiseerlaubnis bekommen, um seine kranke Großmutter in Stuttgart zu besuchen, und plötzlich die Idee gehabt, noch weiter zu reisen. Dort stellte man ihm einen bundesdeutschen Reisepaß aus, mit dem er ungehindert die französische Grenze passieren konnte. Er lachte über seinen Einfall, und natürlich sagte ich ihm, er solle sofort vorbeikommen, wir würden ihn zum Abendessen einladen.
Wir aßen in einer großen lauten Brasserie zu Abend. Danach hatten wir Durst und betraten ein Café.
Das ist also ein Flipper, sagte Rudolf.
Ich starrte ihn an und sagte lachend: Erzähl mir nicht, daß du noch nie geflippert hast !
Ich hab' davon gehört, aber gespielt hab' ich in der Tat noch nie.
Na, dann wirst du 's jetzt lernen.
Rudolf stellte sich vor den Apparat, schoß die Kugel nach oben. Nach drei Sekunden klackte es das Spiel war zu Ende. Rudolf hatte nicht einmal die Hände gerührt. Ich brach in Lachen aus, aber er nahm es mir nicht übel.
Es war meine Frau, die vorschlug, noch ins New Morning(2) zu gehen. Das Konzert hatte bereits begonnen, als wir eintraten. Der Saxophonist unterbrach plötzlich ein gerade begonnenes Stück. Da trat er zum Bühnenrand und rief laut: Rudolf! Rudolf, is that you ?
Rudolf lief rot an und winkte ab, aber es gab keine Möglichkeit, wegzulaufen. Rudolf ließ sich zur Bühne schieben, und der Schwarze stellte sein Saxophon ab und umarmte ihn pathetisch. Der Schlagzeuger(3) stand auf, tauschte einen Handschlag mit Rudolf, der sich schwerfällig hinter die Becken(4) setzte.
Nach dem Konzert saßen wir mit Murray und seiner Band bis zum Morgengrauen zusammen und tranken Wein, Bier und Schnaps durcheinander.
Das nächste Mal sahen wir uns nach dem Mauerfall im Frühsommer 90. Rudolf kam mit seiner Familie in einem kleinen Bus, der sonst zum Transport der Band und der Instrumente diente, nach Paris, Es war das erste Mal, daß ich Helga und die Mädchen sah, aber auf Rudolfs Ferienstimmung lag ein Schatten. Seine Band hatte sich aufgelöst(5), ihr Banjospieler war Bürgermeister des Ortes geworden, die anderen hatten sich getrennt, sie fanden keine Aufträge(6) mehr.
Es ist schon schwierig jetzt, sagte Rudolf. Die Leute haben andere Sorgen im Moment, als Musik zu hören. Dein Vater hat mir angeboten, Versicherungsagent(7) zu werden wie er.
Das wirst du um Gottes willen nicht machen! sagte ich. Versicherungen verkaufen! Du bist Musiker.
Das habe ich ihm auch gesagt. Ich weiß ja nicht einmal, wie man Versicherungen verkauft.
Ich sah Rudolf wieder im nächsten Frühjahr, zum 60. Geburtstag meines Vaters. [...] Ich saß neben meinem Vater, der auf Rudolf deutete : "Na, er ist ja euch endlich vernünftig(8) geworden. Er hat mir vorhin gesagt, daß er es mit der Agentur versuchen will, wenn's noch nicht zu spät ist". "Nächste Woche fahren die Leute rüber(9), um ihn zu schulen."
Ich habe Rudolf noch nicht wiedergesehen seit dem Geburtstag meines Vaters, aber wir schreiben einander regelmäßig. Rudolf arbeitet viel, um den Bestand(10) zu erhöhen. Wenn ich von Zeit zu Zeit nach acht Uhr abends dort anrufe, habe ich immer Helga am Telefon, die mir sagt, er sei noch nicht zu Hause. Ich weiß nicht warum, aber ich denke lieber an ihn, wie er am Abend unserer ersten Begegnung war, vor dem Flipper und hinterher im New Morning, als mir auszumalen, wie er durch die Vorstädte fährt, um Versicherungen zu verkaufen.

Nach Michael KLEEBERG, Der Kommunist von Montmartre, 2002

1. sächsisch : cf. Sachsen (eines der fünf neuen Bundesländer)
2. New Morning: ein bekanntes Pariser Jazzlokal
3. der Schlagzeuger: Ie batteur
4. die Becken: Ies cymbales
5. seine Band hatte sich aufgelöst = seine Band gab es nicht mehr
6. der Auftrag(¨e) : le contrat
7. der Versicherungsagent : l'agent d'assurances
8
. vernünftig: raisonnable
9.
rüber = hinüber (d. h.: In den Osten)
10. der Bestand: (ici) la clientèle, les assurés

1. Wie erklären Sie, dass Rudolf nicht mehr von seiner Musik leben kann ? (etwa 50 Wörter)

2. Der Vater des Erzählers versucht Rudolf zu überreden, Versicherungsagent zu werden. Erfinden Sie den Dialog zwischen den beiden Männern. (etwa 100 Wörter)

3. Behandeln Sie eines der beiden Themen, (mindestens 100 Wörter)
a. Können politische, historische Ereignisse oder wirtschaftliche Faktoren ein Leben verändern oder beeinflussen? Führen Sie Beispiele an.
b. Ist es für Sie wichtig, im Familien- oder Freundeskreis jemanden zu haben, auf den man stolz ist oder den man bewundern kann ? Warum ?

LE CORRIGÉ

1. Wie erklären Sie, dass Rudolf nicht mehr von seiner Musik leben kann ?

(etwa 50 Wörter])

Nach dem Mauerfall hatte sich Rudolfs Band aufgelöst und die Musiker hatten sich getrennt. Sie fanden Keine Aufträge mehr. Die Lage, mit Musik Geld zu verdienen, ist schwieriger geworden. Die Leute haben andere Sorgen, Sie haben oft ihre Arbeit verloren und haben Kein Geld, um es für Musik auszugeben. In der DDR wurden viele Künstler vom Staat unterstützt und jetzt finden sie keine Stelle. Rudolf muss eine Familie ernähren und einen Beruf ausüben, von dem er leben Kann.

2. Der Vater des Erzählers versucht Rudolf zu überreden, Versicherungsagent zu werden. Erfinden Sie den Dialog zwischen den beiden Männern. (etwa 100 Wörter)

Vater : "Also, Rudolf, hast du es dir jetzt überlegt ? Nimmst du die Stelle als Versicherungagent ?"
Rudolf : "Es ist ja sehr nett von Ihnen, aber ich weiß noch nicht. Sie wissen doch, Musik ist mein Leben und für mich ist es sehr wichtig, einen Beruf auszuüben, den man liebt."
Vater : "Sie doch vernünftig, von der Musik kannst du nicht leben. Du brauchst eine geregelte Arbeit, ein regelmößiges Einkommen."
Rudolf : "Ich weiß nicht einmal, wie man Versicherungen verkauft. Ich habe es nie gelernt."
Vater : "Mach dir keine Sorgen, das ist ganz einfach, aber es stimmt, du musst den ganzen Tag arbeiten, es ist kein Künstlerleben."
Rudolf : "Aber ich bin ein Künstler, das ist in meiner Natur. Ich möchte auch meine Familie sehen."
Vater : "Das ist typisch fûr euch aus dem Osten ! Um Geld zu verdienen, muss man arbeiten;"
Rudolf : "Als musiker arbeite ich auch !"
Vater : "Wovon willst du denn leben ?"
Rudolf : "Ja, ich weiß, das ist ja das Problem. Ich überlege es mir noch einmal. Vielen Dank für Ihre Hilfe."

3. Behandeln Sie eines der beiden Themen, (mindestens 100 Wörter)

a. Können politische, historische Ereignisse oder wirtschaftliche Faktoren ein Leben verändern oder beeinflussen? Führen Sie Beispiele an.

Dieser Auszug schildert eine Situation, die das Leben eines Künstlers verändert hat. Rudolf, ein Jazzmusiker von Beruf, lebte von seiner Musik, er konnte seine Leidenschaft mit seiner Arbeit verbinden und war glücklich dabei. In dieser Geschichte sind der Mauerfall, das Ende der kommunistischen Gesellschaft und die Öffnung der freien Marktwirtschaft der Grund für das Ende einer Berufskarriere.
Rudolf als Künstler in seinem Land gefördert und unterstützt worden. Die Wiedervereinigung veränderte das ganze System mit Folgen wie Arbeitslosigkeit, Entlassungen und der Markt liess wenig Möglichkeiten für Künstler und Musiker, es gab plötzlich Wettbewerb und einen Kampf um das tägliche Leben.Viele Ostdeutsche mussten ihre Berufe wechseln oder uninteressante Arbeiten akzeptieren. In dieser Lage gab es keine Wahl, entweder musste man seinen Traum aufgeben oder am Rande der Gesellschaft leben.

b. Ist es für Sie wichtig, im Familien- oder Freundeskreis jemanden zu haben, auf den man stolz ist oder den man bewundern kann ? Warum ?

Ja, es ist wichtig, im Familien oder Freundeskreis jemanden zu haben, auf den man stolz ist, oder den man bewundern kann :
- eine Familie ohne Persönlichkeiten ist langweilig
- in einer Familie soll jeder eine eigene Persônlichkeit haben, zum Beispiel einen interssanten Beruf oder besonderes Hobby haben, das kann die anderen Familienmitglieder motivieren
- man kann sich ein bisschen identifizieren
- man kann neue Freunde bekommen und neue Dinge und Welten entdecken
- man ist stolz, weil man die Person kennt und zusammengehört
- man teilt die Erfolge und das Glück, wenn die Person gewinnt oder bekannt wird
- es ist ein bisschen ein Stück von uns selbst
- man will den anderen zeigen, dass ich die Person kenne oder mit ihr verwandt bin
- man kann dieser Person auch helfen
- man fühlt sich wie eine große Familie, die zusammenhält, damit die Person ihr Ziel erreichen kann
- wenn man andere bewundert, zeigt man auch Respekt
- wenn man auf eine Person stolz sein kann, kann man sie auch lieben

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