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Annales gratuites Bac S : Compréhension

Le sujet  2002 - Bac S - Allemand LV2 - Compréhension écrite Imprimer le sujet
LE SUJET

Stefanie Zweig, Autorin und Journalistin, schreibt autobiographische Romane über ihre Jugend und die Emigration ihrer Familie nach Kenia.

Rongai, den 4. Februar 1938
Meine liebe Jettel !

    Hol Dir erst mal ein Taschentuch, und setz Dich ganz ruhig hin. Du brauchst jetzt gute Nerven. So Gott will, werden wir uns sehr bald wiedersehen. Seit meinem letzten Brief aus Mombasa, den ich Dir am Tag meiner Ankunft schrieb, ist so viel passiert, dass ich immer noch ganz wirr(1) im Kopf bin. Ich war nur eine Woche in Nairobi und schon sehr niedergeschlagen, weil mir jeder sagte, dass ich mich hier ohne Englischkenntnisse gar nicht erst um eine Arbeit in der Stadt umzusehen brauchte. Ich sah aber auch keine Möglichkeit, auf einer Farm unterzukommen(2). Dann wurde ich vor einer Woche zu einer reichen jüdischen Familie eingeladen.
    Die Familie Rubens lebt schon seit fünfzig Jahren in Kenia. Der alte Rubens ist Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Nairobi(3), und die wiederum kümmert sich um die Refugees (das sind wir), wenn sie frisch ins Land kommen.
    Bei Rubens' war man außer sich, als herauskam, dass Du und Regina noch in Deutschland seid. Hier sieht man die Dinge ganz anders als zu Hause. Mich hat man sofort auf eine Farm verfrachtet(4), damit wir alle drei erst mal eine Unterkunft haben und ich wenigstens etwas verdienen kann.

    Ihr müsst so schnell wie möglich abfahren. Dieser Satz ist der allerwichtigste im ganzen Brief.
Du musst mir jetzt vertrauen. Jeder Tag, den Du mit dem Kind länger in Breslau bleibst, ist verloren. Geh also sofort zu Karl Silbermann. Er wird Dir sagen, wie Du am schnellsten an Schiffskarten kommst, und es ist ganz egal, was es für ein Schiff ist und wie lange es unterwegs sein wird. Wenn möglich, nimm eine Drei-Bett-Kabine. Ich weiß, das ist nicht angenehm, aber sehr viel billiger als die zweite Klasse, und wir brauchen jeden Pfenning. Hauptsache, Ihr seid erst einmal an Bord und auf See. Dann können wir alle wieder ruhig schlafen. [...]
    Regina braucht Gummistiefel und Manchesterhosen (Du übrigens auch). Wenn jemand ihr was zum Abschied schenken möchte, bitte um Schuhe, die ihr auch noch in zwei Jahren passen. Ich kann mir, jedenfalls heute, nicht vorstellen, dass wir einmal reich genug sein werden, um Schuhe zu kaufen. [...]
Am besten Du sprichst so wenig wie möglich über Deine Pläne. Man weiß nicht mehr, was aus einem Gespräch werden kann und was aus Menschen geworden ist, die man ein Leben lang gekannt hat.
    Von mir will ich heute nur kurz berichten. Rongai liegt ungefähr tausend Meter hoch, ist aber sehr heiß. Die Abende sind sehr kalt (nimm also Wollsachen mit). Auf der Farm wächst hauptsächlich Mais, doch habe ich noch nicht herausgefunden, was ich mit ihm machen soll. Außerdem haben wir fünfhundert Kühe und jede Menge Hühner. Für Milch, Butter und Eier ist also gesorgt. Sieh zu, dass Du ein Backrezept für Brot mitbringst.
    Mein Herz zerspringt bei dem Gedanken, dass ich vielleicht schon sehr bald Dich und das Kind in die Arme schließen kann. Und es wird schwer, wenn ich daran denke, dass dieser Brief Deiner Mutter sehr weh tun wird. Aber Deine Mutter ist immer eine großartige Frau gewesen, und ich weiß, dass sie Dich und ihr Enkelkind lieber in Afrika weiß als in Breslau. Gib Regina einen dicken Kuss von mir und verpimple(5) sie nicht. Arme Leute können sich keine Ärzte leisten.
    Ich kann mir denken, in welche Aufregung Dich dieser Brief stürzen wird, aber Du musst jetzt stark sein. Für uns alle. Es umarmt Dich voller Sehnsucht.

Dein Walter

Nach Stefanie Zweig, Nirgendwo in Afrika, 1995

(1) wirr : konfus
(2) unterkommen : loger - die Unterkunft : le logement
(3) Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Nairobi : président de la communauté juive de Nairobi
(4) verfrachten : schicken
(5) verpimpeln : dorloter

1. Um welche Textsorte handelt es sich ? Wer sind die Personen ? Ergänzen Sie oder kreuzen Sie an :

Das Dokument ist ein ...... Das Datum ist : ...... schreibt an ...... .

Jettel ist Walters...
Mutter
Frau
Tochter

Regina ist Walters...
Mutter
Frau
Tochter

2. Welches ist das Hauptthema im Text ? Kreuzen Sie die richtige Antwort an :

- die baldige Reise Jettels nach Afrika
- die nächste Reise Walters nach Afrika
- Walters Bitte um Geld
- Walters Leben in Nairobi

3. Wo befinden sich die Personen ? Kreuzen Sie an.

 

Breslau

Rongai

Nairobi / Kenia

Jettel

 

 

 

Regina

 

 

 

Rubens

 

 

 

Walter

 

 

 

Jettels Mutter

 

 

 

4. Zitieren Sie vier Textstellen, die zeigen, dass Geldsorgen eine große Rolle spielen.

LE CORRIGÉ

1. Um welche Textsorte handelt es sich ? Wer sind die Personen ? Ergänzen Sie oder kreuzen Sie an :

Das Dokument ist ein Brief. Das Datum ist : der vierte Februar 1938. Walter schreibt an Jettel.

Jettel ist Walters...

Mutter
Frau
Tochter

Regina ist Walters...

Mutter
Frau
Tochter

2. Welches ist das Hauptthema im Text ? Kreuzen Sie die richtige Antwort an :

die baldige Reise Jettels nach Afrika
die nächste Reise Walters nach Afrika
Walters Bitte um Geld
Walters Leben in Nairobi

3. Wo befinden sich die Personen ? Kreuzen Sie an.

 

Breslau

Rongai

Nairobi / Kenia

Jettel

X

 

 

Regina

X

 

 

Rubens

 

 

X

Walter

 

X

 

Jettels Mutter

X

 

 

4. Zitieren Sie vier Textstellen, die zeigen, dass Geldsorgen eine große Rolle spielen :

- "(...) wenn möglich, nimm eine Drei-Bett-Kabine (...) aber sehr viel billiger ist die zweite Klasse (...)"
- "(...) wir brauchen jeden Pfennig."
- "(...) bitte um Schuhe, die ihr auch noch in zwei Jahren passen."
- "(...) ich kann mir nicht vorstellen, dass wir einmal reich genug sein werden, um Schuhe zu kaufen."
- "Arme Leute können sich keine Ärzte leisten."

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