Le sujet 2000 - Bac ES - Allemand LV1 - Compétence linguistique |
Tage, an denen er sich so richtig gut gefühlt hat, an solche Tage kann
sich Frank kaum mehr erinnern. Die letzte gute Zeit, an die Frank zurückdenken
kann, war noch zur Lebzeiten der DDR, in Mecklenburg, in seinem "Sibirien"
Das
erste mal seit der Wende ist er "happy". Bester Laune geht er in ein Delikatessengeschäft,
um Champagner und Austern (1) zu kaufen. Er selbst mag keine Austern,
aber Claudia ist nun mal verrückt nach dem Zeug. Leider sind ihre Geschmäcker
nicht nur beim Essen so verschieden. Aber darüber will er jetzt nicht nachdenken,
heute nicht. Heute wird gefeiert. Frank hat einen Job. Seit zwei Stunden ist
das Leben wieder schön. Und das alles verdankt er seinem alten Kumpel Antek.
Dieser hatte nach seiner Ausreise in den Westen vor drei Jahren Karriere als
Chefdramaturg gemacht und ihm nun einen Job als Dramaturg angeboten. Dabei war's
purer Zufall, dass er Antek in einer Bar getroffen hatte
Franks Uhr zeigt halb sechs und er hat wieder nicht angerufen, dass er später
kommt! Irgenwann gegen sieben, halb acht kommt er mit vollen Einkaufstüten
bei Claudia an. Ein Blick nach oben genügt : Claudia hat die Verspätung
bestraft, sie ist weggegangen. Aber wahrscheinlich liebt sie ihn auch nicht
richtig. Vielleicht sind alle West-Bräute (2) so? Klar, natürlich
nicht alle - aber tendenziell
? Er müsste mal Antek fragen, wie der mit
den Braüten hier drüben so klar gekommen ist, als er in den Westen
kam. Sonst kennt er keinen Ossi mit West-Braut. Das hält ja auch keiner
aus, denkt er. Dieses ständige Händchenhalten, Türaufhalten,
In-den-Mantel-helfen und am Wochende Blumen mitbringen
Unten geht die Haustür,
Frank erhebt sich von der Treppe. "Ach, wartest du schon lange?" Mit gespielter
Überraschung schaut Claudia ihn an.
"Wahrscheinlich genauso lange wie du", erwidert er und küsst sie.
"Sag mal, bist du plötzlich reich geworden?" Ihr Blick geht fragend zu
den Tüten.
"Heute wird gefeiert!" verkündet Frank stolz, legt drei Flaschen Champagner ins Eisfach und zieht triumphierend seinen Arbeitsvertrag aus der Tasche. " So, Schluss mit der billigen Hilfsarbeit und anderem Elend!"
Erwartungsvoll nimmt Claudia das Schrifstück (3) zur Hand, wird
plötzlich kalkweiss und bekommt einen bitteren Zug um den Mund. Als wären
es heisse Kohlen (4), wirft sie die Papiere auf den Tisch. "Es ist
wirklich nicht zu fassen!" schreit sie empört. "Um diese Stelle hatte ich
mich beworben und war schon in der letzten Auswahl! Warum hast du mir verschwiegen,
dass du dich auch beworben (5) hast? Ja und überhaupt! Welche
Qualifikation für den Posten hast du denn eigentlich? Das ist ja wohl ein
Unding!!!
" Vor Wut verfärben ihre Augen sich veilchenblau. Frank schluckt.
Da fällt ihm ein, dass Claudia ein abgeschlossenes Hochschulstudium der
Theaterwissenschaften, Publizistik und Germanistik hat, auch noch auf der Film-
und Fernsehakademie war, man ihr sogar schon für einen Kurzfilm einen Preis
verliehen hatte und so weiter
"Aber Claudia, ich hatte doch nicht die geringste
Ahnung, dass du
Und beworben habe ich mich überhaupt nicht! Mensch, so'n
bisschen Dramaturgie hatten alle Schauspieler auf der Akademie der Unterhaltungskunst
(6) im Osten
Ja, Mensch, was soll ich sagen? Ich stand einfach nur richtig
zur
richtigen Zeit in der richtigen Bar. Also, wenn ich gewusst hätte
"