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Annales gratuites Bac L : Rédaction

Le sujet  2004 - Bac L - Allemand LV2 - Expression Imprimer le sujet
LE SUJET

40 Jahre Elysée-Vertrag(1)

Ich hatte gerade meine erste Deutschlandreise als Leiter einer deutsch-französischen Jugendgruppe gemacht. Zwei Wochen Bayern, in Scharling beim Tegemsee. Genau zwei Jahre zuvor, 1963, hatten de Gaulle und Adenauer den Elysée-Vertrag unterschrieben.

Als ich 1965 nach Bayern fuhr, war ich 21, Theologiestudent in Straßburg, und hatte Deutschland noch nie betreten. Obwohl der Schwarzwald vor der Haustür lag. Dazwischen lag der Rhein als müde Schlange. Deutschland war also greifbar nah, aber ich überquerte den goldenen Fluss nie. Ja, kurz nach dem Abitur entdeckte ich Amerika sogar vor Deutschland.

Ich bin Elsässer, ein Mensch, der die Deutschen schon immer zu lieben glaubte. Elsässisch ist meine Muttersprache. Wir sangen nicht „Douce nuit, sainte nuit" unter dem Weihnachtsbaum in der Kirche, sondern: "Stille Nacht, heilige Nacht".

Die christliche Jugendorganisation dachte einfach, dass ein Elsässer, künftiger Pastor, der ideale Mensch sei, um eine deutsch-französische Jugendgruppe zu leiten. Ich sagte zu, aus Neugierde. Es hätte auch eine Reise nach Kalifornien sein können.

Die Erinnerung verschönert natürlich, aber meine erste Deutschlandreise verlief überhaupt nicht wie eine erste Deutschlandreise. Das Band der deutschen Kultur zog sich vom Elsass bis nach Bayern. Doch Grenzbewohner öffnen sich nicht automatisch. Die Grenze verbindet und trennt zugleich.

In Bayern verstanden sich die Franzosen und die Deutschen auf Anhieb(2), ohne sich zu verstehen. Sie waren unbekümmert wie frisch Verliebte. Der Krieg war kein Thema. Ich habe schon immer gestaunt, wie schnell Deutsche und Franzosen Freunde geworden sind. Sogar heute empfinde ich es noch als Wunder. Die bayerischen Bauernhöfe schliefen unterm Schneemantel. Wir lachten und tanzten viel. Die jungen Franzosen waren von den forschen(3) deutschen Mädels(4) angenehm überrascht. François flirtete mit Karin und rollte sie stundenlang wie einen Schneeball den Hang hinunter.

Da ich als Schüler einige Skirennen in den Vogesen gewonnen hatte, wurde ich auch noch zum Skilehrer umfunktioniert. Das einzige Problem bestand darin, die turbulente deutsch-französische Truppe den eisigen.Walberg(5) hinunterzulotsen(6).

An einem Abend flüchtete ich mit Linda, der deutschen Leiterin, nach München ins Kino. Wir sahen zwei Bergman -Filme, die damals zu Hause nicht unzensiert liefen. Deutschland war einfach liberaler als Frankreich. Später glitten(8) wir noch im Mondlicht über den zugefrorenen Tegemsee, um schließlich rechtzeitig, unter dem Beifall der Jugendlichen beider Nationen, zum Frühstück in Scharling einzutreffen.

Persönlich brauchte ich noch ein paar Jahre mehr, um vom passiven Elsässer zu einem offensiven Europäer zu werden.

Die Sprache ist der Schlüssel zur jeweiligen Kultur(9). Adenauer sprach verblüffend gut Französisch. Viele Deutsche wissen es nicht. Dem General de Gaulle schmeichelte(10) es zweifellos. Sein Ururgroßvater Ludwig Philipp Kolb stammte aus Baden. Nicht umsonst haben beide den zweisprachigen Elysée-Vertrag ausgehandelt. Wer weiß, inwiefern die Zweisprachigkeit der beiden Staatsmänner den Geist des Elysée-Vertrags beeinflusste ?

Der Tanz der Sprachen öffnet die Seele und ermöglicht es uns, mit der Mentalität verschiedener Völker zu denken.

Nach Martin Graff, Die Zeit, April 2003

(1) Der Elysée-Vertrag: le traité de l'Elysée, qui scellait ta reconciliation franco-allemande.
(2) auf Anhieb: tout de suite. aussitôt
(3) forsch: énergique, dégourdi
(4) das Mädel = das Mädchen
(5) der Walberg: ein Gebirge in Bayern. hinunterlotsen: guider dans la descente
(7) Ingmar Bergman ist ein schwedischer Filmemacher.
(8) gleiten: glisser
(9) der Schlüssel zur jeweiligen Kultur: le moyen, pour chacun, d 'acceder à la culture de l'autre
(10) schmeicheln: flatter

1. Was ist Ihrer Meinung nach ein "offensiver Europäer" ?

2. Karin schreibt einen Brief an ihre beste Freundin und erzählt ihr von dem Aufenthalt in Bayern. Schreiben Sie diesen Brief und beachten Sie dabei die Informationen, die sich im Text befinden. [etwa 80 Wörter]

3. Behandeln Sie eines dieser beiden Themen (a oder b). [etwa 120 Wörter]
a) Ist Ihrer Meinung nach ein Schüleraustausch etwas Positives ?
b)."Die Sprache ist der Schlüssel zur jeweiligen Kultur". Glauben Sie, dass es wichtig ist, die Sprache zu verstehen und zu sprechen, um Land und Leute kennen zu lernen ?

LE CORRIGÉ

1. Was ist Ihrer Meinung nach ein "offensiver Europäer" ?

Martin Graff erzählt in diesem Text von seiner Situation als Elsässer. Bevor er nach Bayern fuhr, fühlte er sich als "passiver Elsässer". Er war noch nie in Deutschland gewesen, aber seine Kultur gehörte zum deutschen Kulturkreis. Seine Muttersprache war elsässisch und er fühlte sich mit den Deutschen verbunden.
Wie für den Autor bedeutet für mich "ein offensiver Europäer" eine Person, die ihren eigenen Kulturkreis verlässt und offen, verständnisvoll, positiv und aktiv anderen Kulturen gegenübersteht, indem sie Fremdsprachen lernt, für die Öffnung der Grenzen kämpft und sich für die europäische Politik interessiert, zum Beispiel das Europa-Parlament wählt - also weg vom "passiven Elsässer", hin zum offenen, offensiven Europäer.

2. Karin schreibt einen Brief an ihre beste Freundin und erzählt ihr von dem Aufenthalt in Bayern. Schreiben Sie diesen Brief und beachten Sie dabei die Informationen, die sich im Text befinden.
[etwa 80 Wörter]

Scharling, Winter 1965

Liebe Elke,

Endlich habe ich Zeit, dir von meinem Aufenthalt in Bayern mit der deutsch-französischen Jugendgruppe zu schreiben. Wir kommen gerade vom Skifahren. Wir haben viel Spaß, und wir sind schnell Freunde geworden. Ich habe einen netten Franzosen kennen gelernt, er mag mich und wir amüsieren uns die ganze Zeit. Unsere Art gefällt den Franzosen. Wir verstehen uns alle sehr gut und es ist wircklich erstaunlich, dass niemand über den Krieg spricht. Wir sind alle unbekümmert wie frisch Verliebte. Wir versuchen, uns nächstes Jahr wieder zu sehen, du musst unbedingt mitkommen.

deine Karin

PS : Mein Französisch ist auch besser geworden !!!

3. Behandeln Sie eines dieser beiden Themen (a oder b). [etwa 120 Wörter]

a) Ist Ihrer Meinung nach ein Schüleraustausch etwas Positives ?

Ich halte einen Schüleraustausch in jedem Fall für positiv und wichtig.
Wenn ein Schüler eine fremde Sprache lernt, ist es wichtig, auch das Land kennen zu lernen, in dem diese Sprache gesprochen wird.
Ein Austausch gibt uns die Möglichkeit, die Bewohner des Landes und ihre Kultur besser kennen und verstehen zu lernen.
Für Schüler ist ein Austausch die Gelegenheit, die gelernte Sprache im alltäglichen Leben anzuwenden, was die Lermotivation positiv beeinflusst.
Die Schüler lernen andere Lebensgewohnheiten kennen, sie lernen, Andersartigkeit besser zu verstehen und zu tolerieren.
Darüber hinaus ist es heute wichtig sich gegenüber anderen Ländern zu öffnen, denn später im Berufsleben ist eine gewisse Art von Weltoffenheit unerlässlich.
Ich halte es deshalb für eine wichtige Aufgabe der Schule, Schüleraustausche zu ermöglichen und zu fördern.

b)."Die Sprache ist der Schlüssel zur jeweiligen Kultur". Glauben Sie, dass es wichtig ist, die Sprache zu verstehen und zu sprechen, um Land und Leute kennen zu lernen ?

Ich stimme dem Satz "Die Sprache ist der Schlüssel zur jeweiligen Kultur" uneingeschränkt zu.
Es ist nicht möglich, ein Land und seine Leute kennen zu lernen, ohne die Sprache zu verstehen und zu sprechen.
Erst die Sprache eines Landes erlaubt uns, die fremde Kultur wirklich kennen und verstehen zu lernen.
Wir müssen die Sprache verstehen und sprechen, um mit der Bevölkerung eines Landes direkt kommunizieren zu können.
Die Sprache ist ein Mittel, um Eigenarten eines Volkes zu entdecken, zu verstehen und zu tolerieren. Die Sprache gibt uns Aufschluss über Geschichte, Kultur und Mentalität eines Landes.
Ohne Kenntisse der fremden Sprache bleiben unsere Kenntisse des anderen Landes oberflächlich und ungenau, ein tiefgreifenderes Verständnis ist meiner Meinung nach nur mit guten Kenntissen der Sprache möglich.

 

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